Ladies & Gentlemen,
von Zeit zu Zeit kommt eine befreundete Familie aus Barbados nach Frankfurt zu Besuch. Es ist für mich immer eine große Freude, wenn das gut aussehende Paar mit seinen drei Kindern (die inzwischen bald erwachsen sind) die weite Reise auf sich nimmt und zu Besuch erscheint. In der Regel ist der Kurzbesuch der sympathischen Familie im Rahmen einer Europa-Rundreise eingebettet.
Allerdings ist der Besuch für mich stets mit einer bemerkenswerten 'Verpflichtung' verbunden: Vor allem die Kinder erwarten von mir seit eh und je den sogenannten "Fence-Jump". Das bedeutet, dass ich über den Gartenzaun springen muss. Da ich aber bald 70 Jahre alt werde, fällt mir das von Jahr zu Jahr natürlich nicht leichter. - Deshalb trainiere ich wieder eifrig, damit ich auch künftig die Familie aus der Karibik keinesfalls enttäusche. Denn mein "Fence-Jump" scheint nun mal unauslöschlich auf deren Europa-Reiseplan zu stehen.
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Und hier geht es um eine ganz andere Sport-Geschichte. Es handelt sich dabei um eine nicht alltägliche Story, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte:
Anfang der 90-er Jahre, kurz nach meiner Scheidung, telefonierte ich mit einer Dame aus Frankfurt. Und zwar zum allerersten mal. Über eine Zeitungsanzeige hatte sich dieser Kontakt ergeben.
Mir war etwas bange, als ich die Lady anrief, denn mir war bewusst, dass ich möglicherweise im Begriff bin, die Weichen für mein künftiges Leben neu zu stellen.
Nachdem wir am Telefon ein wenig Smalltalk gemacht hatten, teilte mir die Dame mit, welche Vorstellungen sie von ihrem künftigen Partner habe. An ihrer Reaktion merke ich, dass ich anscheinend genau ihren Vorstellungen entsprechen könnte. Dann allerdings meinte sie ein großes Problem bei mir aufgedeckt zu haben: "Welchen Sport betreibst du", wollte sie mit felsenfester Stimme wissen. Ich sagte: "Also..., ich... äh.. gehe schwimmen, wandern, auch mal bergwandern, dann fahre ich mit dem Rad... und... im Winter... "
"Und sonst nichts? Gar nichts? Was Du Sport nennst, ist doch einfach lächerlich...! Nein, du treibst definitiv keinerlei Sport. Ich suche aber unbedingt einen sportlichen Mann."
"Aber ich bin trotzdem sportlich. Für mein Alter von 47 Jahren halte ich mich sogar für sehr sportlich. - Du wirst sofort erkennen, dass ich ein betont sportlicher Typ bin, - und zwar gleich heute bei unserem ersten Treffen, - falls Du das jetzt noch möchtest." "Na ja, wir werden mal sehen... also gut, wir treffen uns dann um 19:30 Uhr in Sachsenhausen. Ich erkläre Dir jetzt wie Du hinfindest. Dort ist auch ein Parkplatz."
Als ich pünktlich mit meiner roten Corvette am Parkplatz angekommen war, stand eine etwa 80 jährige, sehr kleine, stark gebeugte, Frau im Regen. Ihr aschgraues Haar hing in Strähnen nass herunter. Einen Schirm hatte sie nicht dabei. Die etwa 1,40 cm-Frauen-Gestalt trug eine Kinder-Schlabber-Hose mit den drei Adidas-Streifen und dazu weisse Turnschuhe. Ihr Gesicht war zerfurcht und gezeichnet von starkem Rauchen, Alkohol und vermutlich extremen Sonnenbädern. (Die Haut vergisst und verzeiht bekanntlich nicht) Gerade als ich die anscheinend verwirrte Alte fragen wollte, ob ich irgendwie helfen könnte, fragte sie mich, ob ich Peter Broell sei. Wir hätten eben miteinander telefoniert. - Zunächst vermutete ich einen üblen Streich, den mir jemand gespielt hatte und sah mich automatisch nach einer versteckten Fernsehkamera um. Dann aber sah ich in die müden und traurigen Augen der alten Frau und dachte: 'Egal, ich ziehe das jetzt durch. Ich habe sie zum Abendessen eingeladen und dabei soll es auch bleiben.'
Als wir in der wohligen Wärme des Restaurants an einem schönen Tisch saßen, sprachen wir vor und nach der Bestellung der Speisen über alles mögliche, - aber selbstverständlich nicht im entferntesten über die Möglichkeit einer Beziehung. Unmittelbar nachdem dann das Essen serviert worden war, fragte mich mein Gegenüber, wie es denn nun mit meiner Sportlichkeit bestellt sei. Ich sagte, dass wir darüber doch schon ausgiebig am Telefon gesprochen hätten.
"Deine Aussage am Telefon, dass du angeblich ein sportlicher Mann bist, konnte mich in keiner Weise überzeugen. Ich möchte jetzt endlich von dir wissen, welchen Sport du - außer leichter Rentnerbeschäftigung - konkret betreibst!"
Das war eindeutig zuviel für mich. Ich empfand dieses Ansinnen als eine echte Unverschämtheit.
Und so legte ich Messer und Gabel hin, stand auf, und während ich mich im Lokal um meine eigene Achse drehte schrie ich: "Was willst du eigentlich? Ich sehe in diesem großen Raum keinen einzigen Mann, der so sportlich wäre, wie ich es bin. Keinen einzigen!! Nicht einen!!!"
Die alte Frau stand umgehend auf und verließ wortlos das Lokal. Die Leute im Restaurant grinsten und kicherten. Manche lachten schallend. Ich deutete sodann im Kreis höflich entschuldigend eine Verbeugung an und machte mit den Händen die Geste: 'Tja, so kann's gehen.' --- Peter Broell